H) Misere der Kirche

Schwerpunkt dieses Lebensabschnittes ist die Auseinandersetzung mit der Misere der Kirche: Krise des Religionsunterrichtes, erschreckende Defizite im Gaubenwissen bei jung und alt, Indifferentismus als Folge falsch verstandener Ökumene, katastrophaler Rückgang des Gottesdienstbesuches und Sakramentenempfanges, Reduzierung des Lebenssinnes auf Spaß und Genuss und Versagen der Bischöfe.  

 

Die Problematik des Religionsunterrichtes habe ich nun schon Jahrzehnte hindurch sowohl als Lehrer, als auch als Gruppenkaplan erlebt und erlitten. Mit der Einführung der Kollegstufe erfuhr der Religionsunterricht der Oberstufe eine pseudoakademische Versteppung: 

 

Nicht mehr Glaubensinhaltinhalte, sondern nur noch Lernziele wurden vorgegeben; kein Lehrbuch, sondern eine Unsumme von Papers wurden dem Lehrer zugesandt. Die Religionslehrer sollten völlig frei sein in Gestaltung des Unterrichtes, ja selbst die Schüler sollten mitbestimmen, auf welchem Wege sie die gesteckten Ziele erreichen wollten.

Keinesfalls sollte den Schülern die Zwangsjacke einer Glaubensverkündigung angelegt werden; Auf Grund einer objektiven pluralistischen Information sollten sie sich selbst ein Urteil bilden. Dementsprechend bestanden die von der Lehrbuchkommission angebotenen Unterrichthilfen praktisch  nur aus einer Überfülle abgeschriebener pluralistischer Textfragmente.

 Domkapitular Stauffer, der Verantwortliche für den Religionsunterricht in der Süddeutschen Region schrieb mir: “Dem Schüler sollten nicht fertige Beurteilungen vorgelegt werden, sondern durch vorgelegte Texte eigene Auseinandersetzung mit der Sache ermöglicht werden.“ – Das geschieht nun tatsächlich – fragt sich nur, mit welchem Erfolg.

 

So bekommen denn unsere Schüler die Zwangsjacke einer Vielzahl unüberschaubarer, vielfach unverständlicher, oft überflüssiger, ja belastender Informationen übergestülpt, nur die eine wesentliche Information, dass es nämlich eine verbindliche göttliche Offenbarung gibt und ein kirchliches Lehramt, erhalten sie in der Regel nicht. Dagegen werden periphere und kontroverse Themen breitgetreten, sodass Lehrer und Schüler vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Viele Religionslehrer lassen Texte, die sie selber kaum verstehen, einfach lesen und geben einen passenden oder unpassenden Kommentar dazu. Heiße Eisen, die dem Zeitgeschmack zuwiderlaufen, werden gar nicht mehr angepackt: “Das Wort Kirche darf man in der Oberstufe überhaupt nicht gebrauchen“, sagt ein Religionslehrer.

 

Und die Reaktion der Schüler: “Im Religionsunterricht hören wir kaum etwas vom Glauben, noch wird auf unsere Probleme eingegangen. Das Ganze ist mehr ein Abklatsch von Sozialkunde“. Und wenn zudem Schüler den Gedankengang des Lehrers nicht nachvollziehen können, entsteht der berechtigte Verdacht: “Die blicken ja selber nicht durch!“ - 

 

Nach meiner Pensionierung im Herbst 79 gab ich noch 5 Jahre lang Religionsunterricht an der Oberstufe des hiesigen Gymnasiums der Armen Schulschwestern. Schon längst hatte ich es aufgegeben, meinen Unterricht nach den vorgegebenen Materialien zu erteilen. Ich gab – wie schon am Gregor-Mendel-Gymnasium - meinen Schülerinnen ein selbstverfasstes Scriptum nach den Weisungen  des päpstlichen Rundschreibens „Catechesi tradendae“.

 

Das führte zu einer interessanten und freundschaftlichen Begegnung. Christina Maria Gerhards, die evangelische  Prima der Kollegstufe wird - wie sie mir später schreibt - zu meiner „ganz geheimen Schülerin“. Sie lässt sich von ihren Kameradinnen mein Scriptum geben und lernt den katholischen Unterricht mit. Nach dem Abitur -  das sie durchgehend mit Note 1 gemacht hat - erzählt sie lachend, wie freudig erstaunt ihr evangelischer Prüfer über ihr überragendes religiöses Wissen war.

 

Die religiös interessierte und tief gläubige Christina besucht auch regelmäßig unsere Gruppenmessen und kommuniziert. Auf meine Frage, wie sie als Protestantin dazu käme, entgegnet sie: „Ich will eben Christus empfangen und das geschieht bei euch“. Weil ich überzeugt war, dass sie verständiger und gläubiger kommunizierte, als die meisten Katholiken, gab ich ihr – wenn auch praeter legem – das Sakrament. Auch rein menschlich kamen wir uns nahe. Ich nannte sie „mein Stiefschwesterlein in Christus“ und sie sagte zu mir „Bruder Franz“.

 

Am 16. Juni 1982 wird Weihbischof  Manfred Müller – ehemals Religionslehrer an einem Gymnasium in Augsburg – zum Bischof von Regensburg ernannt mit dem Aufgabenbereich „Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz“ und „Vorsitzender der Schulbuchkommission für die Region Bayern“.

 Mein erster Gedanke in diesem Zusammenhang: Jetzt ist der Kairos, die günstige Gelegenheit zur Reformierung des Religionsunterrichtes, wenigstens an der Oberstufe der Gymnasien.

 

Ich überarbeitete meine Scripten und veröffentlichte ab 15.September 83 mehrere Artikel im Klerusblatt, dessen Schriftleiter mein Jugendfreund Dr.Helmut Holzapfel war. Ich schilderte die Situation im Religionsunterricht und erbot mich, mein „kurzgefasstes, gegliedertes Ganzes des katholischen Glaubens“ für die Oberstufe der Gymnasien an alle zu verschenken, die mich darum angehen.    

 

Ich bekam über 60 zustimmende Briefe – auch aus Jugoslawien und der Schweiz – und beschloss daher, mein Scriptum als Buch herauszubringen. Das Manuskript sandte ich an unseren Schulbischof mit der Bemerkung, das sei ein erster Versuch und ich wäre bereit, in Zusammenarbeit mit einigen erfahrenen Kollegen, ein Unterrichtswerk nach den Richtlinien von „Catechesi tradendae“ für die gymnasiale Oberstufe zu erstellen.  –  Keine Reaktion -  nicht einmal eine Empfangsbestätigung.

 

Das Buch, „Der neue Mensch“, erschien zunächst 1984 in einer kleinen Auflage von 500 Stück. Ich sandte ein Exemplar an den Schulbischof.  –  Keine Reaktion. -  Ich sandte ihm ein Exemplar der 2.Auflage 1985. – Keine Reaktion. - Bei einem Essen mit dem Bischof anlässlich der Firmung in St.Martin lobte Pfarrer Fuchs das Buch und sagte, dass er es zu seinen Predigten benütze. Der Bischof versprach, es im Urlaub zu lesen. Ich sandte ihm ein weiteres Exemplar. – Wieder ein Jahr Stille. –

 

Um so positiver war die Reaktion von kompetenteren Leuten:

  • „Ja, das ist genau das Richtige, was wir für den Grundkurs Religion in der Kollegstufe bräuchten“.                     Stud.Dir. Prälat Karl Heinrich, Würzburg  - bis 1984  

                                                Vorsitzender des Bundesverbandes der kath. Religionslehrer an Gymnasien

  • „Wir haben in unserer Fachschaft ‚Kath. Religionslehre’ im Deutschhaus-Gymnasium ausgiebig gesprochen und sind einhellig der Meinung, dass dieses Buch das Beste ist, von dem, was bisher für den Kollegstufenunterricht vorliegt. Ich selbst arbeite seit Schuljahrsbeginn in der 12. Jahrgangsstufe mit diesem Lehrbuch und bekam bei den Kollegiaten so positive Resonanz, dass mein ganzer Kurs dieses Buch erwarb. Der Grundtenor unserer Schüler lautet:

            „Dieses Lehrbuch ist übersichtlich, deutlich und verständlich“ 
         
P.Damian Mai / Würzburg

  • „Beachtlich ist die übersichtliche, gut überlegte Gliederung des Werkes, das dem augenblicklichen curricularen Lehrplan voll gerecht wird. Durch klare Fragestellungen, einprägsame Definitionen und kurzgehaltene literarische Belege überzeugt dieses Buch inhaltlich.“

Oberstudienrat Bruno Lang / Würzburg

  • „Dabei ist es besonders wichtig, dass dieses Glaubenswissen vor dem Hintergrund der Fragen und Infragestellungen der heutigen Zeit zusammengestellt wurde... Auch  Religionslehrern wird dieses Buch sicher eine große Hilfe sein“.      

                        Becker, Direktor des Instituts für Religionsunterricht und Katechese im Bistum  Paderborn

  • „Mit Bewunderung habe ich das Buch ‚Der neue Mensch’ gelesen. Das ist der richtige Weg. So ein Buch bräuchten wir dringend in den Niederlanden“.

L.Bongaards, Beauftragter für den Religionsunterricht im Bistum Roermond

 „...Es bietet eine gut gegliederte Übersicht des wichtigsten Glaubenswissens, das nicht einfach dargestellt, sondern argumentativ und einfühlsam im Hinblick auf die Fragen und Schwierigkeiten der heutigen Jugend vermittelt wird. Dass diese Aufgabe dem Verfasser im Sinne von „Catechesi tradendae“ gelungen ist, ohne den Glauben in der heute sattsam bekannten Form anzupassen und zu verwässern, macht den großen Vorzug des Buches aus. Auch bei den neuralgischen Punkten... macht der Autor keine falschen Kompromisse...

Aus zwei Gründen ist das Buch... auch Religionslehrern zu empfehlen. Zunächst einmal wird... breiter Raum auf die philosophischen Grundlagen des Glaubenswissens verwandt...

Sodann werden sehr geschickt bei den einzelnen Lehrpunkten Zitate und Belege eingefügt, die der Lehrer im Unterricht gut verwenden kann. Im Kapitel über das geistige Ich und seine Unsterblichkeit wird in hervorragender Weise das neue Buch von Popper und Eccles „Das Ich und sein Gehirn“ als ein gewiss unverdächtiges Zeugnis eingearbeitet. Gerade diese Hinweise machen das Buch zu einer für den Lehrer außerordentlich wertvollen Hilfe!“   Dr. W.Hoeres / Frankfurt

  • „Ihr Buch nehme ich sehr häufig zur Hand. Oft wünsche ich mir, wir hätten es schon während unserer Gruppenstunden gehabt.“
    Berthold Güntner, Student/ München
  • „Ihr  Buch ist für mich richtig unentbehrlich geworden  –  ich schlage ja   ständig darin Nach!“
    Christina M.Gerhards, Studentin / München 

Durch die vielen positiven Beurteilungen ermutigt, wollte ich nun die Zulassung meines Buches als Lehrmittel für die gymnasiale Oberstufe erreichen. Doch schon auf eine diesbezügliche Anfrage bekam ich von Domkapitular Stauffer den Bescheid, dass dies aussichtslos sei, weil der Bedarf  bereits gedeckt sei. Trotzdem besaß ich die Keckheit und reichte die verlangten sieben Exemplare zur Begutachtung an die Lehrbuchkommission ein. Das angeblich einmütige Urteil der sieben Gutachter war vernichtend:

          

„Alle Gutachter gehen davon aus,... dass in der vorliegenden Form weder die Zulassung als Lehrbuch noch als ergänzendes Material zu erteilen ist“.

 

Beim Durchlesen des Gut- oder besser Bösachtens hatte ich den Eindruck, dass der Verfasser  nur den Auftrag bekam, das Buch herunterzumachen. Ich korrigierte daher das Elaborat mit Rotstift und sandte es an Domkapitular Stauffer. Daraus das: 

Resümee:     „Was ist nun von dem Gutachten sachlich übrig geblieben?

  • Der Eindruck, dass der Verfasser zwar lobenswerten Fleiß aufwandte, um das beabsichtigte Ziel zu erreichen, dass er aber das Buch gar nicht richtig gelesen hat. Außerdem argumentiert er am Kern der Sache vorbei: Wie aus dem Begleitschreiben hervorgeht, handelt es sich bei meinem Buch nicht um eine theologische Doktorarbeit, sondern um ein „knappes, gegliedertes und überschaubares Ganzes des wichtigsten Glaubenswissens“ als Grundinformation und handliches Nachschlagewerk für Jugendliche und als Alternative zu dem mit unnötigem Wissensballast befrachteten „Grundkurs des Glaubens“ samt den ihm zugrunde liegenden Lehrplänen, welche auf wesentliche Glaubensprobleme und brennende Anliegen der Jugendlichen nicht eingehen.
  • Die Forderung, das Buch im Sinn des Gutachtens zu überarbeiten, also „Entwicklung der Sache, begründete Ableitung,... auf die innere Logik der Denksysteme einlassen“, Schriftzitate „durch den Filter historisch-kritischer Analyse erschließen“ usw. usw. Solche Bücher, die den Unwillen auch williger Schüler hervorrufen, haben wir bereits.
  • Das Erstaunen angesichts der schier wunderbaren Einmütigkeit aller Gutachter im krassen Gegensatz zu den Urteilen aller sonstigem Fachleute.
  • Die Hilflosigkeit gegenüber einem Gremium, das unter dem Deckmantel  katholischer Anonymität souverän und quasi unfehlbar urteilt:

Es geht ja nicht um die Verbreitung eines Buches oder um das Prestige des Autors, sondern um einen Anstoß zu ehrlicher Auseinandersetzung angesichts des „lautlosen Auszugs der Jugend aus der Kirche“ und der Misere des Religionsunterrichtes.

            Dieser Versuch wurde von allen Verantwortlichen siegreich abgewehrt.

Nun bekam ich auch vom Bischof eine kurze Nachricht:         Regenburg, 03. 04. 1986

 

  Lieber Herr Studiendirektor, verehrter Monsignore!

 

  Schon am 2o. Juni vergangenen Jahres haben Sie mir Ihr Unterrichtswerk „Der      

  neue Mensch“ zugesandt... In der Zwischenzeit hat die Lehrbuchkommission 

  Ihr Buch geprüft und Ihnen das Gutachten zukommen lassen ... Sie sollten sich 

  jedoch nicht entmutigen lassen, auf Kritik und Anregungen eingehen... Ich bin 

            überzeugt, dass Ihnen dies mit Ihrem Elan leicht gelingen wird...

 

            Mit österlichen Grüßen und guten Wünschen       Ihr Bischof   +Manfred

 

Interessant in diesem Zusammenhang sind auch zwei Briefe von  Dr.Josef  R. Kleiner:

 

 

Religionspädagogisches Zentrum                                          8 München 2, den 22. 8. 1984

in  Bayern

 

Sehr geehrter Herr Merz!

 

 

Sie haben dem RPZ freundlicherweise Ihr neues Buch „Der neue Mensch“ übersandt...

Das Buch betrifft besonders meinen Arbeitsbereich, das Gymnasium. Als Religionslehrer am Gymnasium seit 1977 habe ich ähnliche Erfahrungen wie Sie mit vorhandenen Lehrbüchern gemacht und vergleichbare Schwierigkeiten der Vermittlung kennen gelernt.

Nach einer ersten, kurzen Durchsicht Ihres Buches staune ich über die Fülle der Informationen, welche Sie bieten und über die gut gelungene Systematik.

Ich bin sicher, dass der Religionslehrer darin eine Menge von Anregungen bei der Unterrichtsvorbereitung finden kann. Der Kollegiat kann anhand vieler Partien sein Grundwissen prüfen und ergänzen. Auch als Begleitlektüre für das Colloquium beim Abitur ist manches empfehlenswert.

Wir werden Ihr Buch interessierten Besuchern des RPZ zugänglich machen.

 

Gute Wünsche und freundliche Grüße

                      Josef R. Kleiner

              (Josef  R. Kleiner) wiss.Referent

 

                                                                                                                    8000München,den 9.10.1984

 Sehr geehrter Herr Merz!

 

 

...Mit meinem Brief vom 22.8. wollte ich primär den Empfang des Buches bestätigen... Mein Urteil über Ihr Buch stellt somit nur eine erste allgemein gehaltene Würdigung desselben dar. Ich habe also damit keine ins Detail gehende theologische und didaktische Analyse geben wollen. Daher bitte ich Sie freundlich, das „genus literarium“ meines persönlichen Briefes vom 22.8.1984 zu respektieren und mit diesem weder in meinem noch im Namen des RPZ für das Buch zu werben.

Ich ersuche Sie um Verständnis für diese meine Bitte...

             

                    Ihr                        Josef R. Kleiner

                                   (Dr. Josef  R. Kleiner) 

 

Und so sieht es der ehemalige Vorsitzende des Bundesverbandes kath. Religionslehrer an Gymnasien:

Karl Heinrich, Würzburg                                                               Würzburg, 11.7.87

 

Lieber  Bundesbruder!

 

Dein Brief mit dem Gutachten erreichte mich nach meiner  Rückkehraus dem österlichen Jerusalem.

 Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Dein Werk genau das vermittelt, was alle modernen Lehrbücher vernebeln: das Glaubenswissen! Wir stehen ja im Bankrott des religiösen Wissens unserer Schüler und Studenten.

Dennoch Du hast recht, die Lobby der Religionspädagogen an den Hochschulen beherrscht die Szene total. Hier hat sich - trotz aller Beteuerungen - ... nichts geändert.

Vielleicht gilt für Dein Buch, was Charles de Gaulle von den 10 Geboten sagt:

                 

                               „Die 10 Gebote Gottes sind deswegen so klar

                               und verständlich, weil sie ohne Mitwirkung

                               einer Sachverständigenkommission zustande

                               gekommen sind“.      

 

    Brüderlichen Gruß     Karl Heinrich

 

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In der Folgezeit wird die Jugendarbeit immer schwieriger und erfolgloser:

 

„Und weil die Missachtung von Gottes Gesetz überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten“(Mt 24,12). 

Diese Entwicklung in der Wohlstandsgesellschaft betraf und betrifft besonders die Jugend. Mit der Zunahme von Egoismus und Anspruchsdenken der Wohlstandskinder nahm zu Beginn  der achtziger Jahre der Sinn für Gemeinschaft und Glaube bedrückend ab.

Der „Silberne Pfeil“ beschreibt das so: „In der Gruppe ist nichts los, wird nichts geboten... die soll´n mal was machen! ...müder Haufen......  Zersetzungsprozess......... Cliquenwirtschaft. Pärchenbildung mit der Gefahr, dass Grimmerthal als „Merzbuff“ verschrien wird, wie das bereits vor Fertigstellung des Landheimes geäußert wurde“.

 

Enttäuschend ist das Versagen der Eltern, welche doch noch einen einigermaßen geregelten Religionsunterricht erhalten haben. Religiöses Beispiel und religiöse Erziehung im Elternhaus haben Seltenheitswert.

 

Gruppenkaplan und Gruppenmesse sind in Gefahr zu Randerscheinungen im Gruppenleben zu werden.

 

Die Gruppe hat auch zahlenmäßig abgenommen. Waren es in der Blütezeit gegen 25o Buben, so zählt unsere Gemeinschaft nun etwa 200 Buben und Mädchen zusammen. Der „Pillenknick“ hat die Zahl der Kinder ohnehin halbiert, eine Unzahl von Vereinen werben manchmal schon ab der ersten Klasse und zudem gibt es Gegenpropaganda von Pfarrjugendgruppen, welche die KSJ als Konkurrenz betrachten: „KSJ ist Scheiß“

 

Zu Beginn eines jeden Schuljahres halte ich nun in den 5. Klassen aller Amberger Gymnasien eine Religionsstunde über die Firmung mit einem Tonbild über das Gruppenleben der KSJ.   Der Erfolg ist mäßig und im Lauf der folgenden Jahre verringert sich die Zahl der Gruppenmitglieder konstant.

 

Weil ich damit rechnen muss, dass im Alter meine Kräfte abnehmen, lasse  ich in das Obergeschoss meines Hauses eine Nasszelle einbauen, um notfalls eine Haushälterin unterzubringen.

 

Auch fahre ich in diesen Jahren mehrmals zum Ordinariat, um einen Priester, der meine Funktion als Gruppenkaplan übernehmen könnte, ans Gregor-Mendel-Gymnasium zu bringen. Der Generalvikar meint, ich soll mir einen geeigneten Mann suchen. Tatsächlich kann ich zwei Vorschläge machen. Doch es wird nichts daraus: der eine wird Religionslehrer am Gymnasium der Englischen Fräulein, der andere ist unabkömmlich, weil sein Pfarrer den Sprung in ein süßeres Leben gemacht hat.

 

Wie ein Silberstreif zieht sich durch all die Enttäuschungen dieser Jahre die Korrespondenz mit Christina Maria Gerhards, der evangelischen Einserabiturientin des Dr. Johanna-Decker-Gymnasiums:                                                                                 

                                                                                                                    Costa Brava 1. 9. 84

  • “…freue mich schon auf den nächsten Jugendgottesdienst, in dem Sie zum letzten Mal Ihre protestantische Genossin beeindrucken können…Wann ist eigentlich Ihr Buch fertig?  (Lechz!!).“

                                                                                                            

                                              Clermont-Ferrand 18. 12. 84

  • „...Madame Raboul pflegt immer zu sagen: ´Unser Au-Pair-Mädchen degustiert Kirchen, wie andere Leute Pralinen!´. . .In die kirchlichen Jugendgruppen renne ich auch regelmäßig – am wohlsten fühle ich mich in den katholischen (wenn das meine eisern-protestantische Frau Großmutter wüßte!). Wenn ihr Katholiken keinen Papst und keine Heiligen hättet, dann wäre ich katholischer als Sie!“

             Ihre katholische Protestantin

                                                    Christina

                                                                                                                 Montmartre, 26. 2. 85

  • “Ausgezogen, um die Welt zu verbessern, bin ich auf dem Montmartre gelandet (es gibt viel Arbeit)“                                              

                                                                                                      Clermont-Ferrand, 20. 3. 85

  • “. . . überlege ich ständig, welche der protestantischen Universitäten meinem Glaubensstil am meisten entspricht. . .ich schätze Ihr Buch ebenso wie damals Ihren Religionsunterricht <zum Entsetzen meiner protestantischen Genossen> . . . berufen (zur Pastorin) fühl ich mich ja nicht unbedingt – ich will ja eher Theologie studieren, um meine Beziehung zu Gott zu festigen. . .Bitte erhellen Sie Ihre kleine protestantische Stiefschwester möglichst bald!“

                                                                                                                  Heidelberg, Dez. 85

  • “Ihr Buch ist für mich richtig unentbehrlich geworden (ich schlage ständig darin nach!!!) Dank nochmals für die wertvolle Gabe! – In Amerika  (Brooklyn, N.Y.C. ) habe ich ganz reelle Wunder Gottes erleben dürfen, die mir endgültig mein “laues“ Christsein beseitigt haben, und der Herr zeigt mir nun ständig Leute, die nach ihm suchen und denen ich jetzt eine kleine Hilfe sein kann! Je mehr man sich für Christus engagiert, desto zuversichtlicher steht man im Leben. . .Ich studiere jetzt nicht Theologie, aber ich glaube, Gott führt  mich auf dem rechten Weg . . .“

 

                                                                                                                        Amberg, 12. 1. 87

  • “Ich bin seit 29. 12. 86 im Krankenhaus gelegen ( man hat mir im Unterleib herumgeschnitten ) und habe gerade dort endgültig “kapiert“, daß unser Gott uns keine Sekunde aus den Augen läßt und uns so wunderbar bewahrt und umhegt, daß wir ihm für jede Sekunde unseres Lebens ( und gerade für die scheinbar trostlosen! ) inständig danken müßten . . .“                              

                                                                                                                 Heidelberg, 25. 1. 87     

  • . . . In jedem Fall habe ich dadurch (durch die Krankheit) sehr viel an innerer Ruhe und Gelassenheit gewonnen: Wenn man eine “Grenzsituation“ forsch und im Vertrauen auf Gott angeht, dann kann man daraus nur gewinnen. . . Jedenfalls werden uns Menschlein endlich einmal die Augen geöffnet über die Brüchigkeit menschlicher Strukturen. . . Noch dazu kommt ein völlig neuer Schwung in´s Glaubensleben: ich konfrontiere meine “Umgebung“ einfach mit Gott – und dadurch hab´ ich sogar ein paar “Gleichgesinnte“ gefunden, mit denen ich mich regelmäßig zum “Stärken des Glaubens im gemeinsamen Gebet“ treffe. . . Aber auch mir gegenüber bin ich jetzt kompromißloser: der Sonntag gehört jetzt zu 100% Gott, die tägliche Bibellesung ist wesentlich intensiver und “lebendiger“ und mein Beten . . . endlich persönlich und dadurch viel, viel fruchtbarer!. . .“

                                                                                                                   Salamanca, 18. 8. 87

  • “Estimado hermano Franz,

              ich bin hier für 3 Wochen bei einer spanischen Familie und bin schon seit den    

              ersten Tag in der ganzen Nachbarschaft als “gute Katholikin“ abgestempelt,    

              weil meine Bibel überall herumliegt und ich mit Begeisterung in die      

              spanischen Messen eile. . . Ich habe in den letzten   Wochen sehr viel mit dem   

              Herrn, unserem Gott, erleben dürfen (es würde mich nicht wundern,  wenn ich ´mal

              Predigerin werde! –  Echt! )“                                     

             

                                                                                                                            Köln, 13. 10. 87

  • Ich treibe jetzt mein Unwesen im Rheinland . . . und Ihr Name ist in aller Munde, weil ich Sie ständig als Vorbild für die jungen Burschen erwähne. . . Inzwischen haben sich schon zwei junge Herren von Ihrem Buch überwältigen lassen – kann ich meine Schwester bei Ihnen vorbeischicken, um noch zwei Exemplare von Ihrem Buch für die beiden abzuholen? – Das wäre toll!. . .

                                 Ihre Christina, das vorwitzige Schwesterchen

 

  • Köln, 16. 12. 87      .......inzwischen leite ich einen Bibelkreis und die “Schäfchen“ sind ganz schön anstrengend

 

 

                                                                                                                      Köln, 15. 5. 88

“Es ist schon wieder Neues mitzuteilen: ab Herbst werde ich in München  weiterstudieren und dort Examen machen. Hier im  “Norden“ werde ich  noch schwermütig (und das will ´was heißen!).           

Kann es  sein, lieber Bruder Franz, dass die Nachfolge Jesu für einen jungen Menschen heutzutage ganz schön kraftraubend ist? Mich bedrückt hier in Köln vor allem die  moralische  Atmosphäre, besonders unter jungen Leuten: die Leichtfertigkeit und Austauschbarkeit bloß mit   anzusehen, tut mir schon weh. Mit einer gesunden ( = biblischen ) Einstellung zur Ehe und zu  seinem Körper als Tempel des Heiligen Geistes wird man hier ganz schön isoliert  (obwohl ein Haufen Mädchen irgendwann dann doch bei mir auftauchen und sich ihre inneren Verletzungen herausweinen wollen).    

           Ich komme mir vor wie ein Mädchen vom anderen Stern und gleichzeitig macht es mich sehr traurig, dass hier keine warmen und guten Freundschaften innerhalb einer netten Gruppe möglich zu sein scheinen; man wird regelrecht “ausgehungert“, wenn man sich nicht den hiesigen Maßstäben ( sie haben alle panische Angst, sie versäumten etwas, wenn sie sich nicht irgend  jemanden hingäben) unterwerfen will. Und die Jünglinge nennen es “Berührungsangst“, was ich als angemessene Haltung ansehe (. . . bei denen könnt´ man allerdings wirklich berechtigte Berührungsängste bekommen! )    

 

Lieber Bruder Franz,

 bitte schreiben Sie mir ein tröstliches Wort, damit ich mir nicht so „unverstanden“  vorkommen muß. Am liebsten möchte ich alle aufrütteln,  damit sie aufhören, sich gegenseitig beziehungs- und liebesunfähig zu machen.  

 Ich hab ´allerdings schon ein paar  zum Denken und Umkehren gebracht. . .Drei junge Männer, für die ich gebetet hab´ und denen ich  (Luther-) Bibeln geschenkt hab´, haben sich zum Herrn Jesus bekehrt.       

Sagen Sie, kennen Sie noch moralisch gesund strukturierte junge Menschen über zwanzig?. . . Das könnte mich aufbauen. . .Mit einem großen Seufzen aus der Tiefe,

            Ihre – zur Zeit bekümmerte - kleine Schwester                                                                            

 

                                                                                                         München, 18. 7. 90

  • .“. . . Ehelosigkeit?. . . Ich meine: als Berufung für ganze Hingabe an Gott; nicht aus Frust ( Verehrer und Anträge hätt´ ich nämlich genug), sondern als dankbare, freudige Entscheidung für Gott! –        Schreiben Sie´ mir, ja?“                                               

                                                                                                                München, den 28. 5. 94  

  • Lieber „Bruder“ Franz,

 

hinter dem Namen „Förster“ verbirgt sich niemand anderes als Ihre „ganz geheime Schülerin“ von vor 15 Jahren, Christina Gerhards.

Ich hoffe, Sie können sich noch dunkel an mich erinnern: Wir kennen uns aus meiner Schulzeit im Gymnasium der Armen Schulschwestern. Ich war evangelisch, aber ein großer Anhänger der klaren und direkten Art, mit der Sie den katholischen Glauben gegenüber allen möglichen Strömungen des (wechselhaften) Zeitgeists vertraten.

Wie Sie damals schon nicht ohne Schalk prophezeiten, bin ich nun tatsächlich ein „Kind der katholischen Kirche“ geworden. Anstöße waren – neben langjähriger reger Teilnahme an Exerzitien und zahlreicher Kontakte zu katholischen Orden – sicher auch meine Magisterarbeit (in Geschichte) über Pater Rupert Mayer und meine  jetzige Doktorarbeit über den Harnier-Kreis, eine bayrisch-katholisch Widerstandsgruppe im Dritten Reich, deren Leiter ebenfalls zum katholischen Glauben konvertiert war. 

Seit kurzem bin ich auch mit einem ganz feinen jungen Mann verheiratet, der wie ich evangelisch war und zum katholischen Glaube konvertiert ist, so dass unser beider Wunsch nach einer katholischen Trauung in Erfüllung gehen konnte...

Mit den besten Wünschen und Gottes Segen,

Ihre

                  Christina M. Förster

 P.S. Hätten Sie noch ein Exemplar Ihres Buches „Der neue Mensch“ für mich?

 

Ich sandte ihr das Buch samt  dem „Gutachten“                                             

-                                                                                                München, 12.7. 94

  • „Lieber „Bruder“ Franz,

 

zunächst einmal möchte ich Ihnen sehr, sehr herzlich für Ihren lieben Brief und die Zusendung Ihres Buches "Der neue Mensch" danken. Es bedeutet mir viel, von Ihnen zu hören, denn Ihre Klarheit und Kompromisslosigkeit im Glauben hat mich schon als Schülerin von Herzen gefreut und auch später auf meinem Weg sehr in der Radikalität (Wurzelhaltigkeit) des Glaubenslebens ermutigt. Herzlichen Dank für das beigefügte Exemplar Ihres Buches in der 2. Auflage; es wird als Nachttisch-Exemplar in Ehren gehalten!

Mit großer Anteilnahme habe ich Ihre Zeilen gelesen, ebenso die Beilagen zu Ihrem Buch "Der neue Mensch". Was mich persönlich betrifft, so ist mir Ihr Buch mit seiner erfrischend klaren Entfaltung des katholischen Glaubens in all den Jahren nicht nur eine große geistliche Orientierungshilfe gewesen, sondern auch eine echte innere Ermutigung angesichts der wechselhaften Moden des Zeitgeists. Denn ich fand (und finde) unseren Glauben unendlich schön, so er in Reinheit und Unverbrüchlichkeit verkündet und gelehrt wird. Auch mein Mann, vormals wie ich Protestant, hat in der Phase seiner Zuwendung zum katholischen Glauben Ihr Buch gelesen und war sehr beeindruckt von der Klarheit und Stringenz des Inhalts. Von daher erschien uns beiden die Ablehnung des Buchs "Der neue Mensch" als Kompendium für den Religionsunterricht als sehr befremdlich, sowohl was die Form betrifft, als auch in der Sache selbst. (Nach intensivster persönlicher Beschäftigung mit dem Glauben von Jugend an und obendrein noch 4 Semestern Theologiestudiums zur "wissenschaftlichen Orientierung" finde ich die offiziöse Kritik an Ihrem Buch - milde gesagt - in keiner Hinsicht überzeugend.)

Das Unterfangen erinnerte uns in gewisser Weise an unsere ersten Gespräche und Begegnungen mit Münchner Priestern, nachdem unser persönlicher Konversionsentschluß nach reiflicher Überlegung bereits feststand und wir - schlicht und einfach - an den Pforten der katholischen Kirche klopften, um dort konkret einzutreten und unsere geistliche Heimat zu finden: Zu unserem großen Erstaunen stieß unser Anliegen jedoch in keinster Weise auf Gegenliebe! Keiner der Herren wollte uns zunächst in die Kirche aufnehmen!

 

Der erste sagte, er selbst hätte zuviel Schwierigkeiten mit dem Papst und den Lehren der Kirche(die er offenbar für unzeitgemäß hielt), als dass er uns guten Gewissens in "diese Kirche" überführen könne. Außerdem arbeite er mit der evangelischen Nachbargemeinde im Dienste der Ökumene zusammen und wolle dort gewissermaßen "nichts anbrennen lassen". Wir mögen ihn also mit unserem Anliegen tunlichst verschonen und einen anderen Priester finden.

· Der zweite ließ sich von uns genau erklären, warum wir auf den ungewöhnlichen Gedanken gekommen seien, in der heutigen Zeit in die katholische Kirche überzutreten. Als wir ihm unsere Gründe darlegten und überdies auf die dankenswert klare Haltung des Papstes zu Abtreibung, Homosexualität, Sexualfragen u.ä. hinwiesen, die wir gerade zur Orientierung der Jugend als dringend not-windig (im Wortsinne) erachteten, wurde er immer finsterer und meinte, wir seien ja "noch katholischer als der Papst". Am Ende des Gesprächs fand er sich nicht bereit, uns zur Konversion zu begleiten, obwohl (gerade weil?) sich unsere Ansichten zu den bezeichneten Fragen schlichtweg mit dem jeweiligen Inhalt des katholischen Katechismus deckten.

· Der dritte Priester, den wir aufsuchten, erklärte sich zwar damit einverstanden, unseren Eintritt in die katholische Kirche zu zelebrieren und uns - nach erteilter Genehmigung - zu firmen, allerdings unter der Auflage, dies müsse im engsten Kreise und in aller Diskretion - also nicht etwa in einer öffentlichen Messe - geschehen, und zwar aus Rücksicht auf den "ökumenischen Dialog". Wir wandten ein, wir kämen uns zum einen angesichts einer solchen "Maßnahme der Verheimlichung" geradezu vor, als täten wir etwas Verbotenes oder Verwerfliches. Und zum anderen könne doch gerade die Konversion zweier junger Menschen zur katholischen Kirche - in der heutigen Zeit - eine Glaubensermutigung für so manchen Katholiken sein, der dies in einer öffentlichen Messe miterlebe. Mithin seien Konversion und Firmung substanzielle Ereignisse, die  über das Private hinaus die Gemeinde, ja die Kirche als solche unmittelbar angingen. Er beharrte auf seiner Auflage. Dafür waren uns unsere Konversion und Heilige Firmung zu schade.

Schließlich fanden wir - auf den Hinweis befreundeter Katholiken hin - glücklich einen Priester, der sich zumindest ohne Vorbehalt unseres Anliegens annahm. Angesichts dessen, dass uns von Seiten unserer (dezidiert protestantischen) Familien in Sachen Konversion  ohnehin genug "eingeheizt" worden war, konnte von freundlicher Aufnahme in unsere neue geistliche Heimat - oder gar von Unterstützung - keine Rede sein. Vor diesem Hintergrund haben wir uns oft gesagt: Wie soll es erst jemandem gehen, der nicht so bombensicher auf seinem Eintrittswillen beharrt? Jemandem, der sich etwa im Stadium vorsichtiger Erwägung der Konversionsfrage an die besagten Herren wendet?

Soweit also zu unseren Erfahrungen, die uns nur deshalb nicht "verdrießen", weil der allmächtige Gott Mittel und Wege hat, trotz dieser Zu- und Umstände seine Schäflein zu sich zu ziehen. Das {biblisch gesehen sehr begründete) Vertrauen auf den lebendigen Gott, der die Finsternis, Lüge und Gebundenheit unseres Zeitalters in Macht und Stärke durchbricht, ist meine einzige - aber als solche auch stärkste - Hoffnung für unsere Jugendlichen. Hätte ich diese Hoffnung nicht, dann wäre ich angesichts der m.E. drastisch sich verdüsternden Perspektive in der heutigen Zeit sehr, sehr deprimiert. Denn - militärisch gesprochen - haben wir in der Tat große Verluste erlitten und die Kampfbedingungen haben sich enorm verschlechtert (man blicke nur auf die trostlose "Familien-Landschaft" und die wenigen Orte wahrhaft christlicher Erziehung!). Mein Mann und ich haben uns entschieden, mit Gottes Gnade so konsequent wie möglich zu kämpfen und uns so praktisch wie möglich für den Glauben in seiner Klarheit und Unverbrüchlichkeit einzusetzen. Angesichts der - gerade auch in der Großstadt - so harten äußeren Bedingungen und in Anbetracht der Anfeindungen, denen man sich als gradliniger Katholik verstärkt ausgesetzt sieht, ist uns das nur möglich in der Hoffnung auf Gottes Wirken und Eingreifen an den weitverbreiteten "Orten der Unmöglichkeit". Inzwischen haben wir herausgefunden, dass wir diese Hoffnung offenbar mit mehr Menschen und auch Jugendlichen teilen, als wir ursprünglich dachten. Unbemerkt von Medien und Öffentlichkeit formieren sich Gebetskreise und Gruppen junger Katholiken, die gerade durch die heutige Polarisierung von Licht und Finsternis vielleicht wachsamer und entschiedener sind als dies vor Jahren noch der Fall war.

Vielleicht freut sie das ein wenig. Ich verstehe Sie so gut in Ihrer Sorge um unsere Jugendlichen, um unsere Kirche!

Ganz herzlich grüßt Sie, lieber „Bruder Franz“                      Ihre Christina

 

                                                                                                                  München, 10. 10. 94

  • „...Vielleicht bewerbe ich mich im Sommer 1995 beim Ordinariat, versuche es aber auch in einem Ministerium. Wenn allerdings bis dahin Nachwuchs ansteht, dann will ich mich voll und ganz in diese (gerade heute so vorrangige!) Aufgabe hineingeben. . . Wir haben es im übrigen keine Sekunde bereut, katholisch geworden zu sein. Bei jeder Hl. Messe sind wir auf`s Neue dankbar. . .“

                                                                                                                 München 12.2.03

  • „Alle zwei bis drei Monate verbringen wir ein Wochenende in einem der nahegelegenen Klöster...Katholisch zu werden habe ich noch keine Sekunde bereut. Hier in München unterstütze ich die Arbeit der Barmherzigen Schwestern und der  Salesianer ( Projekte für Straßenkinder in Bolivien und Moskau).     Ihre alte Schülerin                     Christina

 

 

Diesen gesamten Briefwechsel habe ich in meine Lebensbeschreibung eingefügt, weil er ein typisches Beispiel für den Werdegang einer Konversion ist und weil er eine Menge Anregung zu konsequenter Lebensgestaltung bietet. – Auch ein anderer Brief ist in dieser Hinsicht interessant:

                                                                                                                Limmich, 22. Dez. 89   

  „Wahrscheinlich werden Sie sich an mich nicht mehr erinnern – 1956 baute ich an der Oberrealschule mein Abitur. – Dieter Eisenhut schenkte unserem Sohn im Sept. d.J. zur Nachprimiz Ihr Buch „Der neue Mensch“. Als ich  D. Eisenhut fragte, ob der Autor „unser Merz Franzl“ sei (verzeihen Sie, aber so sind Sie uns vertraut), war ich sehr erfreut... ich kann nur sagen, in vielen Passagen sprechen Sie mir aus der Seele. Der Religionsunterricht, wie er seit vielen Jahren an unseren Schulen durchgeführt wird, schadet der Kirche viel mehr als er ihr  nützt. Ich bin Konrektor an einer  Hauptschule und habe so etwas Einblick, auch aus meiner Tätigkeit als Firmkatechet: Es  ist erschreckend, dass unsere Jugendlichen fast nichts von unserem Glauben wissen. – Bei Ihnen haben wir einen guten Religionsunterricht erhalten. Danke!       Ihr Ulrich  Hilla       

 

Anfang der neunziger Jahre gibt ein Kreis von  jungen Erwachsenen aus unserer Gruppe ein Liederbuch heraus:“303“und eine weitere Gruppe „202“. Die Bücher sind zunächst für den Gebrauch der Gruppe gedacht und als Manuskript gedruckt. Sie gelangen aber zu einer derartigen Beliebtheit, dass sie Interessenten im ganzen deutschen Sprachbereich finden. Daher übergibt im Frühsommer 1994 Markus Schmid alle diesbezüglichen Rechte dem Verein zur Förderung der Stud. Jugend.

Als Nachfolger erscheint nun „Dacapo“.

Der „Verein“ hat jetzt auch ein eingespieltes Vorstandsteam: neben mir als Vorsitzenden Heribert Hartl für den Vertrieb von „Dacapo“ und die Verwaltung vom Freizeitheim Pfelders, OstR. Bernd Spannig für die Arbeiten um das Liederbuch und OstR. Hans Georg Meyer für die Verwaltung von Grimmerthal. 

 

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In den nächsten Jahren wird der „Rauch Satans“ in der Kirche immer penetranter. Wir erleben in zu nehmendem Maße, was Papst Paul VI. bereits festgestellt hat: „Im Augenblick herrscht eine große Verwirrung in der Kirche und dabei steht nichts weniger als der Glaube auf dem Spiel“. 

 

Der Kirchenhistoriker Jedin vergleicht die Situation der Kirche mit jener vor der Reformation:

    *  Wie damals die Humanisten, so stehen auch heute die Intellektuellen, vor allen Professoren der Theologie, weitgehend auf Seiten der „neuen Kirche“.

    *    Wie  damals sind auch heute die neuen Medien vorwiegend in der Hand der Kritiker und Gegner der „traditionellen“ Kirche.

    *  Wie damals haben die Bischöfe angesichts einer jahrelangen Abfallsgeschichte weitgehend geschwiegen und häretische Professoren geduldet.

   *      Auch heute will niemand zugeben, dass man vielleicht jetzt schon von Spaltung reden muss.

 

Wegen des gravierenden Priestermangels geben nun fast durchgehend Laien an den Gymnasien Religionsunterricht, darunter auch solche, welche die Priesterlaufbahn aufgegeben haben und ein gewisses Ressentiment gegen die Kirche nicht los werden. Aber auch die kirchlich gesinnten Laientheologen halten die Jugendlichen kaum mehr zum Empfang der Sakramente an und da auch die Eltern diesbezüglich versagen, gehen die wenigsten unserer Gruppenmitglieder zur Sonntagsmesse. Gebeichtet haben unsere Kinder fast durchgehend bei der Erstkommunion oder Firmung zum letzten Mal.

 

In dieser Situation der Kirche entsteht im Herbst 1995 eine gegen Tradition und Papsttum gerichtete Bewegung: das sogenannte Kirchen-Volks-Begehren. Für fünf Forderungen werden Unterschriften gesammelt: Gleichwertigkeit aller Gläubigen, Priesteramt für Frauen, Abschaffung des Pflichtzölibats, Anerkennung  persönlicher Gewissensentscheidung in Fragen der Sexualmoral und Verzicht auf angstmachende und einengende Normen - Frohbotschaft statt Drohbotschaft“, im Grunde ein um 5oo Jahre verspäteter Abklatsch der Reformation: Die „Überwindung der Kluft zwischen Priestern und Laien“ führt folgerichtig zur Abschaffung der Letztverantwortung des Pfarrers, wenn nicht des Weihepriestertums überhaupt; die „persönliche Gewissensentscheidung und der Verzicht auf einengende Normen“ endet letztendlich in Missachtung des kirchlichen Lehramtes und in einer Wunschmoral. Für engstirnige  Geister ist das natürlich eine „Frohbotschaft“.

 

Es war eine unverzeihliche Unterlassung, dass alle deutschen Bischöfe dazu schwiegen. So kam es, dass eine ganze Reihe von praktizierenden Katholiken, ja selbst Priester, akademisch gebildete Ordensleute und viele Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken auf die Hallelujah-Schalmeien der Begehrer hereinfielen und glaubten, der Kirche mit ihrer Unterschrift einen Dienst zu erweisen. Auch die Bundesführung des BdkJ und die Bundesversammlung der KSJ machten für das KVB eifrig Propaganda.

 

Ich traute meinen Augen nicht, als ich eines Dienstags wie gewöhnlich zur Celebration in das Schulkloster kam:   Am Anschlagbrett befand sich eine vom geistlichen Religionslehrer unterschriebene Bekanntmachung, durch welche die Schülerinnen auf die in der Schule aufliegenden Listen des KVB hingewiesen und damit zur Unterschrift angeregt wurden, zumal die  Direktorin, Schwester Canisia Engel, bereits mit „gutem Beispiel“ vorangegangen war.

Ich wusste zwar, dass Schwester Canisia eine engagierte Verfechterin des Priestertums für Frauen ist, aber eine solche Propaganda für eine kirchenspaltende Ungehorsamsbewegung  hatte ich ihr nicht zugetraut, zumal die Thesen des KVB im eklatanten Widerspruch zu fundamentalen Lehren der  Kirche und zu bekannten Stellungnahmen des Papstes stehen.

Wenn nicht einmal eine akademisch gebildete Oberstudiendirektorin und Ordensfrau die Geister unterscheiden konnte und auf die Hallelujahschalmeien der Kirchenvolksbegehrer hereinfiel, wie sollten sich dann Schulmädchen ein fundiertes Urteil bilden können! 

Darum fühlte ich mich verpflichtet, Schwester Canisia auf diesen „Missbrauch der Jugend“ hinzuweisen. Sie reagierte bitter bös und strafte mich, indem sie mir nicht nur eine Rechnung für die Benützung ihre Festsaales beim letzten Elternabend zusandte, sondern auch jegliche Werbung für die Gruppe im Schulbereich verbot.

 

 

 Weil die Bischöfe unverständlicherweise schwiegen und sogar Priester und Laienkatecheten, die aus meiner Gruppe hervorgegangen waren, für das KVB ihre Unterschrift leisteten, sah ich mich veranlasst, eine aufklärende  Broschüre zu verfassen. Diese ging, gefördert von katholischen Initiativkreisen, in einer Stückzahl von über 3000 in alle deutschsprachigen Länder. Generalvikar Dr. Gegenfurtner versandte 1000 Exemplare an alle Seelsorgestellen unserer Diözese. Trotzdem war das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein aufklärendes Wort der deutschen Bischöfe hätte dem Begehrern viel Wind aus den Segeln genommen und die deutsche Kirche wahrscheinlich vor noch schlimmeren Turbulenzen bewahrt. Hier nur ein Resümee der Broschüre:

 

        „Wer die Forderungen liest, wird erkennen, dass es sich hier um eine geschickte Mixtur von katholischen Selbstverständlichkeiten einerseits handelt ( z.B. Gleichwertigkeit aller Gläubigen, positive Bewertung der Sexualität), andrerseits aber um eine offensichtliche Verdächtigung der Kirche, welche diese Selbstverständlichkeiten angeblich nicht praktiziert oder grob vernachlässigt. In diese Mixtur sind dann Forderungen verwoben, welche die Kirche niemals verwirklichen kann, ohne ihrer Sendung untreu zu werden.“

 

Ein evangelischer Buchhändler sagte zu mir: „Was wollen die Katholiken nur mit ihrem KirchenVolksBegehren?  Sie brauchen doch nur protestantisch zu werden, dann haben sie alles, was sie begehren.“

 

Die Broschüre wurde in allen Amberger Pfarrkirchen aufgelegt, außer St. Michael und St. Konrad, Ammersricht. Wie zu erwarten war, hat das erboste Reaktionen der  Begehrer in der Presse zur Folge gehabt. Den Vogel schoss dabei Schwester Canisia mit einem wortreichen, emotionsgeladenen Artikel in der Mittelbayerischen Zeitung vom 2.5.96 ab, in dem sie sich engagiert für das KirchenVolksBegehren einsetzte und meine Broschüre „irreführend“ nannte.

 

Aber es kam noch schlimmer: Am 29. Juni 95 hatte der Bundestag beschlossen, dass Abtreibung nach bescheinigter Beratung zwar gesetzeswidrig, aber straffrei sei. Der Papst bat die deutschen Bischöfe, die Beratung der in Not geratenen Schwangeren zu intensivieren, jedoch keine Beratungsscheine – faktisch Tötungslizenzen – mehr auszustellen. Das stieß auf den fast einhelligen Widerstand der deutschen Bischöfe. Vor allem Bischof Lehmann, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, versuchte mit Winkelzügen und Verzögerungstaktik den Papst auszutricksen .

 

Als im Januar 99 der Papst abermals ein dringliches Schreiben an die deutschen Bischöfe richtete, beschlossen diese, Ende Februar eine definitive Stellungnahme  hinsichtlich des Beratungsscheines zu fassen. Daher richtete ich zusammen mit meinen Bundesbruder Schindler Alois am 10.Februar an die Regensburger Bischöfe folgendes Schreiben:

 

„Hochwürdigste Herren,

 

seit geraumer Zeit beobachten wir mit wachsender Sorge den Niedergang unserer Kirche in Deutschland, der nicht nur durch die Zeitverhältnisse, sondern auch durch das Verhalten der Mehrzahl der deutschen Bischöfe mitverschuldet ist.

 

Durch das Schweigen der Bischöfe wurde das sog. KirchenVolksBegehren begünstigt: Viele praktizierende Gläubige, Laienkatecheten und sogar Priester und Ordensleute waren so verunsichert, dass sie meinten, der Kirche mit ihrer Unterschrift einen Dienst zu erweisen. Selbst die Diözesanforen machten sich die protestantisierenden und kirchenspaltenden Forderungen des KVB zu eigen.

 

Viel schlimmer noch ist das zwiespältige  Verhalten der deutschen Bischöfe bezüglich der Schwangerenberatung:

 

Am 10.VI.1992 erklärte Bischof Lehmann: „Die Beratungsstellen können  sich nicht in ein Verfahren einbinden lassen, das die Ausstellung eines Beratungsscheines zu einer wesentlichen Voraussetzung für die straffreie Tötung eines ungeborenen Menschen macht.“

 

Hätten mit Erzbischof  Dyba alle deutschen Bischöfe daraus die Folgerung gezogen, so wäre das ein Fanal für das Leben gewesen, das weit über den deutschen Katholizismus hinaus gewirkt hätte. Bei solch klarer Haltung der Bischöfe hätten viele – auch Andersgläubige – eine Abtreibung erst gar nicht in Erwägung gezogen. Diese Chance für das  Leben wurde vertan.

 

Statt dessen

  • wurde das Gewissen eines großen Teils der deutschen Bevölkerung verunsichert oder verbildet. Das Volk kennt weder die Verordnungen für den Beratungsschein, noch die gewundenen Rechtfertigungsversuche der Theologen – es zieht ganz einfach den Schluss: „Wenn sogar die Kirche mitmacht, kann die Sache so schlimm nicht sein.“ Durch diese Vernebelung der Gewissen werden unseres Erachtens weit mehr Kinder getötet als durch eine sog. Konfliktberatung gerettet. Bemerkenswert ist, dass gerade Bischof Lehmann „das rapide Absinken der Achtung vor dem Leben in der deutschen Bevölkerung“ beklagt.
  • wird Abtreibung begünstigt, einerseits durch Ausstellung eines Freifahrtscheines für Abtreibedamen und andrerseits durch unterlassene Hilfeleistung für jene Frauen, die ihr Kind behalten wollen, jedoch durch die Angehörigen zur Abtreibung getrieben werden. Ihnen wird der letzte Einwand: „Aber die Kirche...; aber mein Gewissen...“ genommen.
  • werden die Beratenden mit Gewissenskonflikten belastet.
  • Machen die Bischöfe die Kirche unglaubwürdig, weil sie durch die Tat ihren vollmundigen Beteuerungen  für das Leben widersprechen.

 

Ein Schlaglicht auf die Situation im deutschen Episkopat wirft eine scheinbar marginale Episode. Das Regensburger Bistumsblatt 11/98 schreibt: „Applaus gegen Dyba“„...einige  Bischöfe kritisierten, dass Dyba immer wieder ausschere und die gemeinsame Linie verlasse“ und erhielten dafür ‚tosenden Applaus der mehr als 70 Oberhirten.“

Ein solches Verhalten ist nicht nur unkollegial; es ist auch unchristlich, einen verantwortungsbewussten Bischof wegen seiner gewiss nicht leichten Gewissensentscheidung im Sinne der katholischen Sittenlehre fertig zu machen und in die  Lehmannsche Einheitsfront pressen zu wollen. Beschämend ist, dass anscheinend keiner der anwesenden Oberhirten den Mut hatte, zu protestieren.

 

Dann das Theater um den Papstbrief! Lange genug hat Johannes Paul II. gewartet – wohl in der Hoffnung, dass die deutschen Bischöfe mit ihrer Angelegenheit selbst fertig werden. Das künstliche Rätselraten  um den Inhalt war völlig überflüssig, da man die Einstellung des Papstes längst aus seinen Enzykliken und Ansprachen kannte. – Dass dieser Brief überhaupt nötig wurde, ist ohnehin eine Blamage für die deutschen Bischöfe.

 

Als Bischof  Lehmann im Fernsehen nach salbungsvollen Beteuerungen  der Loyalität gegenüber dem Papst von einem Arbeitskreis sprach, der hoffentlich nach einem Jahr (!) ein Ergebnis zeitigt, war unser erster Gedanke: Jetzt soll der Papst ausgetrickst werden. – So ein Arbeitskreis ist nämlich eine fantastische Einrichtung: Man kann die Sache in die Länge ziehen – inzwischen kann allerhand passieren – und am Schluss ist – nach geheimer Abstimmung – niemand schuld. Dieser Verdacht wird  untermauert vom Bekanntwerden der Zusammensetzung des Ausschusses und einer Äußerung eines Sprechers des Bistums Mainz, dass man im konkreten Fall „keine absolute Eindeutigkeit“ feststellen kann.

 

Nun hat also der Arbeitskreis schier ein Jahr getagt und ist natürlich zu dem gewünschten und voraussehbaren Ergebnis gekommen. Der Bischof von Limburg hat nach einem Gespräch mit abtreibungswilligen Frauen – das Gespräch mit den abgetriebenen Kindern ist  erst im Jenseits fällig – im vorauseilenden Gehorsam schon vollendete Tatsachen geschaffen. Und aus Mainz vernimmt man bereits das Präludium zu den erwarteten Beschlüssen der Bischofskonferenz: „Extreme Theologien, die Kirchen mit dem Papst gleichsetzen, hat Bischof Karl Lehmann kritisiert“....(Deutsche Tagespost 29.12.98)...

 

Auch in den Begründungen für die Ausstellung des Beratungsscheines vermögen wir nur Scheingründe zu sehen:

  • Die Frauen würden nicht mehr zur kirchlichen Beratung kommen und die Kirche würde sich durch unterlassene Hilfeleistung schuldig machen – Beratungsstellen, die keine Scheine ausstellen, machen gegenteilige Erfahrungen. Sie unterlassen keine Hilfe und sind offen für alle Ratsuchenden. Nur zum Kindermord leisten sie keine Hilfe.

 

Über die Scheinangelegenheit hinaus hat jedoch die Zwiespältigkeit der deutschen Bischöfe – einerseits Loyalitätserklärung gegenüber dem Papst und andrerseits Ignorierung seiner Bitte um Einhaltung der göttlichen Gebote und kirchlichen Moralgrundsätze – weitere verheerende Folgen:

  • Sie schadet sowohl der Autorität des Papstes, als auch dem Ansehen der Bischöfe. Wie kann da ein Kardinal Meisner noch darüber rätseln, ob denn nicht auch die deutschen Bischöfe mit daran schuld sind, dass auf der Tabelle der päpstlichen Akzeptanz Deutschland an letzter Stelle steht, obwohl die Deutschen gerade diesem Papst soviel zu verdanken haben.
  • Außerdem enttäuschen die deutschen Bischöfe all jene Konvertiten, die in der Kirche die „Säule und Grundfeste der Wahrheit“ gesucht haben und sich nun fragen müssen: „Wozu sind wir eigentlich katholisch geworden?“
  •  Wenn heute – ungerechterweise – Papst Pius XII. Mitschuld am Holocaust der  Juden vorgeworfen wird, was wird man dann späterhin über die Mitwirkung der deutschen   Bischöfe am Holocaust der Ungeborenen sagen?

 

Anlässlich unseres 60. Weihejubiläums denken wir zurück an die Zeit, da wir das „adsum“ sprachen. Es war die Zeit der Verfolgung im 3.Reich, die Zeit der Martyrer in den KZs, die Zeit, in der Bischöfe wie Galen, Faulhaber, Preysing bei Verteidigung christlicher Grundsätze ihr Leben riskierten. Und wenn die Bischöfe auch von unterschiedlichem Bekennermut waren, so waren sie doch untereinander eins und einig mit dem Papst in der Ablehnung der Naziideologie. Trotz Drohung und Beschlagnahme wurde der Papstbrief „Mit brennender Sorge“ von allen deutschen Kanzeln verlesen. Die Kirche hatte Profil und war trotz Nazihetze so angesehen, dass vormals laue Katholiken bei der Fronleichnamsprozession ihren Glauben wieder bekannten.

Als 1938 das 3.Reich auf dem Gipfel seiner Macht war, sprachen 45 Weihekandidaten und 1939  42 Diakone ihr „adsum“..., obwohl sie von ihren Angehörigen gewarnt worden waren: „Bedenkt, was euch unter Hitler blüht!“

Gewiss hat heute der Priestermangel mehrere Gründe. Einer der gravierendsten aber ist: Wer will noch in einer profillosen Kirche, die zudem wegen ihrer Zerstrittenheit und Kraftlosigkeit gegenüber dem Zeitgeist immer mehr an  Ansehen verliert, Priester werden?

 

Aus Gewissensgründen mussten wir diesen Brief  - opportune, importune  -  an unsere Bischöfe richten mit der dringenden Bitte, in dieser Krisensituation der Kirche ohne ängstliche Erwägungen und Rücksichtnahme ihre Entscheidung im Sinne des Papstes zu fällen.

 

Exzellenz, hochwürdigster Herr Diözesanbischof,

wie Sie aus unserem Brief  ersehen, können wir die geschilderten Verhältnisse nicht einfach ignorieren und müssen auch den Anschein einer Billigung meiden. Haben sie daher Verständnis dafür, dass wir der üblichen Jubiläumszelebration fern bleiben.

In  Sorge um die Einheit und das Ansehen unserer Kirche

 

      F.Merz                             Alois Schindler

 

 

Wie zu erwarten war, bewegte der Brief nichts. Weihbischof Guggenberger und Generalvikar Gegenfurtner gaben eine zustimmende Antwort, Bischof Manfred Müller und Weihbischof Schramml schwiegen.

 

Um den Schein der Loyalität gegenüber dem Papst zu wahren, fügten die Bischöfe dem Beratungsschein einen völlig wirkungslosen Satz hinzu: „Diese Bescheinigung kann nicht für eine straflose Abtreibung benützt werden“. Sie konnte – alle Welt lachte.

Schließlich sprach Rom durch einen Brief  Kardinal Ratzingers ein Machtwort und die deutschen Bischöfe – mit Ausnahme des Bischofs von Limburg – gehorchten widerwillig und versprachen, die Beratung der Schwangeren ohne Scheinvergabe weiterzuführen.

Der Schaden für das Ansehen der Kirche und die Verwirrung der Gewissen sind katastrophal.

 

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Einige recht aktive Studenten gründeten zu Anfang des Jahres 97 eine Hochschulringgruppe, die uns jedoch mehr  Scherereien als Nutzen brachte.

 

Im Frühherbst 97 kam ein kleiner zwölfjähriger Russe zu uns in die Gruppe. Vor ein paar Jahren war er aus Weißrussland nach Deutschland gekommen. Er besuchte die 6. Klasse Hauptschule, hatte ein mittelmäßiges Zeugnis, jedoch in Deutsch eine 6.

Weil ich an seinen Äußerungen bei den Gruppengesprächen bemerkte, dass er gar nicht so ungeschickt war, sagte ich zu ihm:Waldemar, wir lernen Deutsch“. Im Dezember hatte er in Deutsch eine 3.

Ich sagte: „Waldemar, jetzt lernen wir Latein“. Wir paukten zwei Monate den Lateinstoff des ersten Halbjahres der 5. Gymnasialklasse. Im Februar wurde Waldemar dann zur Probe in die 5. Klasse des Erasmus-Gymnasiums aufgenommen  und bekam in den nächsten Lateinschulaufgaben die Note 1.

Nach Ostern rief mich  der Kaplan von St. Georg an: „Einer deiner Buben hat sich zur Taufe angemeldet“. Es war Waldemar. – So wurde ich denn Tauf- und Firmpate und zugleich Ersatzvater des Neugetauften.

Pfingsten traf ich Oberstudiendirektor Dr. Rosskopf anlässlich eines Empfanges mit  dem bayerischen Ministerpräsidenten: „Der Badinger ist ein prima Schüler – leider etwas zu alt.“ – „Das lässt sich reparieren“. - Während der Sommerferien nahm ich dann Waldemar in Pfelders in Klausur und paukte mit ihm den Lateinstoff der 6.Klasse und etwas Mathematik. Im September trat er dann von der 5. in die 7.Klasse über.

 

Mein 60jähriges Priesterjubiläum Ostern 99 feierte ich zusammen mit einigen Priestern, die aus meinen Gruppen hervorgegangen waren, in St. Martin mit einer deutlichen Predigt über die Situation der Kirche und einem Festmahl in der Wolfringer Mühle.

 

 Von Februar bis Ostern 1999 ging ich vier Wochen zu einer Kur nach Bad Abbach, um von Bandscheiben verursachte Schmerzen, die mich seit einigen Jahren plagten, los zu werden. Aber diese Kur half so wenig wie die bisherigen Konsultationen bei verschiedenen Fachärzten. 

Während meiner Abwesenheit und ohne mein Wissen versandte einer der Studenten einen Elternbrief „in Vertretung des Gruppenkaplans“, in dem er unter anderem um Spenden bat.

 

Weil die Busverbindung nach Dürnsricht, wo die Eltern Waldemars ein Haus erworben  haben, so schlecht ist, möblierte ich meinem Patenkind im Dachgeschoss meines Hauses ein Zimmer. 

 

Die religiöse Unwissenheit unserer Jugendlichen veranlaßte mich, das Buch „Der neue Mensch“ zu überarbeiten und auf den neuesten Stand zu bringen. Es lehnt sich nun nicht mehr an die Lehrpläne der gymnasialen Oberstufe an und erschien kurz vor Weihnachten 1999  im MM-Verlag unter dem Titel „Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn“. Zum Geleit schrieb ich:

       „Die Kapitel dieses Buches sind aus vielen Diskussionen mit Jugendlichen in Schule und Jugendgruppen entstanden. Zur Veröffentlichung veranlaßte mich die erschreckende religiöse Unwissenheit und Orientierungslosigkeit vieler – auch akademisch gebildeter – Christen, wie sie im Zusammenhang mit „KirchenVolksBegehren“ und „Scheindebatte“ offenkundig geworden sind. Das Buch enthält das nötige Glaubenswissen zu Standfestigkeit und Kirchentreue in unserer wirren Zeit und behandelt insbesondere die gängigen Reizthemen. Es ist fundamental katholisch und richtet sich vor allem an jene, die durch die Zeitverhältnisse – zuweilen auch durch den Religionsunterricht – im Glauben verunsichert worden sind.“

Dr. David Berger veröffentlichte in „Theologisches“ (Juli-August 2000) folgende Besprechung:

 

files/ksj-pool/merz/image005.jpg„Wer  mit Jugendlichen zu tun hat, weiß es: Das Verlangen nach Sinn, die Sehnsucht nach Religion im weitesten Sinn ist nicht nur ungebrochen lebendig, sondern vermutlich derzeit sogar noch im Zunehmen begriffen. Mit seinem hier anzuzeigenden Buch legt der Amberger Jugendseelsorger Franz Merz, der auch viele Jahre als Religionslehrer an der Schule tätig war, eine äußerst bemerkenswerte, zur Zeit in ihrer Art wohl einzigartige Arbeit vor. Auf der Basis seiner zahlreichen Gespräche mit Jugendlichen in Schule und Seelsorge entstanden, versucht der Verfasser in seinem Buch eine systematische Antwort auf die unverdrängbar vorhandenen religiösen Fragen der Schüler zu geben. Dies aber nicht, indem er, wie dies in der Religionspädagogik inzwischen schon Programm geworden ist, die Botschaft des Christentums auf ein diffus-allgemeinreligiöses Niveau depotenziert. Vielmehr stellt er in vier großen Abschnitten (Glaube und Vernunft; Die Frage nach  Gott; Die Frage nach dem Menschen; Christliche Lebens- und Weltgestaltung, Das Volk Gottes unterwegs) die immer gültige Wahrheit des katholischen Glaubens als die allein alle Sehnsüchte und Suchbewegungen des Menschen wirklich befriedigende Antwort dar. Auch vieldiskutierte Fragen werden aufgegriffen (etwa jene nach der Geltung der ökumenischen Bewegung, nach der Evolutionstheorie, nach der Stellung der Frau in der Kirche) und auf nicht nur gut verständliche, sondern sowohl fundamental katholische Weise als auch unter fairer zur Kenntnisnahme abweichender Meinungen und gestützt auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse beantwortet. Von der Tatsache, dass das vom Merz eingeschlagen Vorgehen im Unterricht nicht zum Scheitern verurteilt ist, wie dies viele deutsche Religionspädagogen immer wieder behaupten, sondern die Arbeit mit dem Buch, besonders in den höheren Klassen ungemein anregend und furchtbar ist, konnte sich der Verf. selbst in zahlreichen Unterrichtseinheiten, in denen er Abschnitte des Buchen direkt im Unterricht eingesetzt hat, überzeugen. Nicht nur allen, die irgendwie in der kirchlichen Jugendarbeit tätig sind, wünscht man dieses Buch, das zu seinem erstaunlich günstigem Preis erhältlich ist, an die Hand. Auch jene Bischöfe, denen wirklich daran gelegen ist, den seit vielen Jahren aus den Gleisen geratenen Religionsunterricht an den Schulen zu sanieren, wären wohl gut beraten, würden sie ihre Autorität im Hinblick auf einen breiten Einsatz des Buches in der Mittel- und Oberstufe zumindest der Gymnasien geltend machen.“

 

In den ersten Wochen des Jahres 2000 besuchte mich Dietze Günther, dem ich in den Nachkriegsjahren ein zusammengebasteltes Fahrrad verschafft hatte. Er war nun Universitätsprofessor und Chefarzt der Grundigklinik auf den Bühler Höhen im Schwarzwald.

Angesichts meiner Kreuzbeschwerden nahm ich seine Einladung, mich in seiner Klinik „durchchecken“ zu lassen, an und verbrachte während der Osterferien zusammen mit Waldemar zehn  herrliche  Tage auf    den  Bühler  Höhen. Die dortige  Klinik ist ein  „Nobel-schuppen“ ersten Ranges. Ich verrate nur soviel: Bei jeder Mahlzeit – dreimal am Tag – werden   Tischtücher  und   Servietten  gewechselt.   So  genossen   wir denn  das    Leben  der „Hautevolee“ auf Kosten des Klinikchefs in vollen Zügen.

Und der medizinische Effekt: Ich bekam die beruhigende Zusicherung, dass mein Kreislauf noch in Takt ist und ich also weiter  planen und schaffen kann.Für meine  Kreuzbeschwerden wusste der Orthopäde freilich nur den Rat, dass ich mich nicht operieren lassen soll. Zwei Monate später verschaffte mir einer meiner ehemaligen Buben, Dr. Werner Weiß, Sportarzt und Chiropraktiker, mit einem Handgriff wesentliche Erleichterung.