I) Die Spaßgesellschaft

Um die Jahrtausendwende hat die Kultur des Westens einen Tiefpunkt erreicht. Der Papst sprach von einer “Kultur des Todes“:

  • Nach  Umfrage  von  Meinungsforschern  sehen  die  meisten  der  Deutschen  den  Sinn  ihres Lebens im Spaß.
  • Der Glaube ist für viele belanglos geworden oder ganz erstorben.
  • Allenthalben herrscht Angst vor Terror und Seuchen.
  • Bundeskanzler Schröder will „so regieren, dass man keine Kirche mehr braucht“ und die von ihm eingesetzte Ethikkommission beschert uns eine Moral nach dem Wunschdenken des Kanzlers und der Spaßgesellschaft.
  • Die Liebe erkaltet und Gewinnsucht nimmt überhand.
  • Lustseuchen und Suchtkrankheiten verbreiten sich in erschreckendem Maße.
  • Priesterseminare und Kirchen leeren sich und die Gefängnisse sind überfüllt.
  • Erschreckend viele Ehen zerbrechen und Kinder werden zu Hundertausenden gemordet, noch bevor sie geboren sind. Die Scheidungsweisen pendeln zwischen Vater und Mutter in und her und werden von beiden Seiten verzogen.
  • Vor allem in der Jugend nehmen Gewaltbereitschaft, religiös-sittliche Verwahrlosung und Kriminalität beängstigende Ausmaße an.

 

Natürlich beeinträchtigt diese Kultur des Todes auch unsere Gruppenarbeit:

  • Die Gruppe ist klein geworden: etwa 50 Mädchen und Buben der Höheren Schulen. Der Nachwuchs: zwei  Fähnlein von 5 Buben und 5 Mädchen der 5. -7.Klasse.
  • Von Religion ist fast nichts vorhanden, weder theoretisch noch praktisch. Nicht einmal alle Gruppenleiter kann man katholisch im eigentlichen Sinn nennen: ihre letzte Beichte war fast durchwegs bei der Erstkommunion oder Firmung und die Sonntagsmesse hat bei ihnen Seltenheitswert

Je schwieriger allerdings die Situation, um so notwendiger ist unsere Gruppenarbeit. Darum geben wir nicht auf:

  • Wir haben uns von Herrn Dipl.Ing. und Diakon Pillen eine Blockhütte schenken lassen. Sie liegt tief im Wald versteckt, etwa 10 Minuten von Grimmerthal entfernt. Mit DM 25.000. - haben wir sie für unsere Zwecke wohnbar gemacht. Sie ist bestens geeignet für kleine Parties und Fähnleintreffen.
  • Das Buch „Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn“ soll   Grundlage für eine solide  Oberrundenarbeit abgeben.
  • Auch habe ich eine Digital-Filmkamera angeschafft, um die Werbung attraktiver zu machen.
  • Zum Altstadtfest 2001 verteilten wir ein Programm der Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche mit Werbung für die Gruppe in allen Schulen.
  • Weil viele Vereine bereits in der ersten Klasse der Grundschule werben und die Pfarreien bei der Erstkommunion die Kinder in ihre Ministranten- und Pfarrgruppen eingliedern, begannen wir seit einiger Zeit mit der Werbung für  Spielkreise bereits in der 3.Klasse Grundschule. Unsere Hoffnung beruht auf dem Spielkreis der Buben mit 6 aufgeweckten Bürschlein der 3. und  4.Klasse.

 

==========================================

 

Kurz vor Fasching 2000 versuchte eine kleine Clique von Studenten, eben der genannte Hochschulring,  einen „Verein zur Förderung der Studierenden Jugend“ zu gründen, dem ich als Mitglied beitreten sollte. Der Vorstand dieses Vereins sollte die Rechtsgeschäfte der Gruppe übernehmen und die Finanzen verwalten.    Begründet wurde das Unternehmen mit vereinfachter und korrekter Finanzverwaltung. Der Stadtgruppenleiter und die Stadtgruppenleiterin wurden geködert mit dem Argument, dass sie dann bei eventuellen Regressansprüchen der Zuschußbehörden nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden könnten.

 

Die Absicht dieses Unternehmens war mir klar: Ich sollte in ein demokratisches Gremium eingebunden werden, das mich jederzeit überstimmen könnte und ich müßte für Entschlüsse geradestehen, die ich nicht verantworten könnte. Der seit Jahrzehnten bewährte Förderverein hätte lediglich die Aufgabe, Gelder zu beschaffen, über welche die Clique nach Belieben verfügen würde. Es war mir klar, dass unter solchen Bedingungen kein Priester oder Laientheologe sich findenwürde, meine Nachfolge zu übernehmen,  dass ohne engere Verbindung zur Gruppe auch keine Ehemaligen bereit wären, als bloße Geldbeschaffer ehrenamtlich zu fungieren und dass der Streit über die Verwendung der Zuschüsse des Fördervereins vorauszusehen ist. 

 

Innerhalb von drei Tagen sollte ich mich entscheiden, dem neuen Verein beitreten und die umfangreiche Satzung unterschreiben.  Ich sagte: “Nein!“ und gab den Rat: „Tretet dem bestehenden Förderverein bei und gründet kein Konkurrenzunternehmen!“– Herr Meyer und ich klärten auch darüber auf, dass im Falle dieser Vereinsgründung die Gruppe sich vom bestehenden Förderverein abkapseln und alle Vorrechte vor anderen Gruppen verlieren würde.

 

Die Folgen waren massive Drohungen: „Dann findet kein Junggruppen-Fasching statt“ – „Dann beantragen wir beim Amtsgericht, dass dem bestehenden Förderverein die Gemeinnützigkeit aberkannt wird.“

Jedenfalls war die Angelegenheit zunächst auf  Eis gelegt.

Um aber nicht als sturer Einzelgänger zu erscheinen, holte ich die Ansicht der KSJ-Bundesleitung ein: „Grundsätzlich benötigen KSJ-Gruppen  vor Ort keinen eigenen Rechtsträger... Nachteil wäre ein eventuell auftretender  Kompetenzstreit   darüber,  wofür  die  Gelder  verwendet  werden  sollen... Ein e.V. Vorstand hätte hier recht viel „Macht“.

Diese „Macht“ war bereits sattsam ausgeübt worden, indem  man  den  Hausherrn  einfach  überspielte; ohne mein und des Hausverwalters Wissenwaren teils vernünftige, teils überflüssige Dinge angeschafft worden.

Über dem Eingang des Hauses Ziegelgasse 44 fand ich eines Tages zu meinem Erstaunen eine Tafel angebracht, deren Beschriftung bei denkenden Leuten nur Kopfschütteln bewirkte und zu der Frage Anlass gab: „Wie kann der Merz nur so etwas dulden?“ Ich verlangte:Die Tafel muss weg!“ Nichts dergleichen geschah.

 

Da außer dem bestehenden Hochschulring von etwa fünf Leuten noch wesentlich mehr ehemalige  Gruppenmitglieder  sich  für  die  Gruppe  engagieren  wollten, regte  ich  an,  eine größere Hochschulgemeinschaft zu bilden, welche – besonders nach meinem Abschied – sich nach Möglichkeit für die Jüngeren einsetzen sollte. Das stieß auf heftigen Widerstand des Leiters  der  bestehenden  Gruppe, der  die  Aufnahme seiner einstigen Gruppenkameraden entschieden ablehnte.

Es gab hässliche Szenen, die bis an die Bundesleitung des Hochschulringes gelangten, sodass diese mit dem Ausschluss des Amberger Hochschulringleiters drohte.

Im Spätherbst 2000 erhält Oberstudienrat Meyer, der Finanzverwalter des Fördervereins, einen Brief, in dem er zur Stellungnahme bezüglich des „neuzugründenden“ Trägervereines, (der übrigens schon längst gegründet war) und dessen Ansprüche an den bestehenden Förderverein aufgefordert wird. Darin ein paar bezeichnende Sätze:  “Alles  wird  „sauber“  abgerechnet,  keine  „Merz’sche  Taschenfinanzierung“ mehr... „Im Mittelpunkt steht das Wohl der Gruppe und optimales Verhältnis zum Förderverein.  Kapo  dagegen  fühlt  sich  persönlich  angegriffen  und  will alles blockieren,... ohne sachlich damit umzugehen und die Gruppe im Auge zu behalten“.

 

Kurz vor Weihnachten habe ich auf der Volksbank zu tun und bekomme dort eine überraschende Bescherung: Am 15.12. seien junge Leute da gewesen und hätten eine Bescheinigung des Amtsgerichtes vorgelegt, nach der ein am 23.September gegründeter Verein „Katholische Studierende Jugend ( Neudeutschland & Heliand), ‚Schweppermann’ Amberg“ am 12. Dez. 2000 in das Vereinsregister eingetragen  worden sei. Sie seien demnach die  rechtmäßigen  Nachfolger  der  bisherigen  Konteninhaber. Sie  eröffneten ein neues  Konto „KSJ-Amberg“, lösten das bisherige, für das ich zeichnungsberechtigt war, auf und überwiesen den Betrag von über DM  4.000. - auf ihr neues Konto, auf das ich weder Zugriff noch Einblick habe.

Aber nicht nur das: Ohne mein Wissen erhalten 29 Banken und Firmen, mit denen der Förderverein in Geschäftsverbindung steht, Bettelbriefe mit meiner Unterschrift!

Der Zuschuß von DM 5453.-- für das Allerheiligentreffen in Grimmerthal, der im Januar 2000 eintrifft, wurde zweckentfremdet einbehaltenmit der Begründung: „Die Jahresrechnung 99 ist abgeschlossen“.

Aus unseren Kontoauszügen machen wir die überraschende Wahrnehmung, dass die Abbuchungen der Stadtwerke für den Energieverbrauch des Heimes, welche bislang vom Konto  des Fördervereins erfolgten, nicht mehr stattfanden. Sie  erfolgen nun vom Konto des neuen „Trägervereins“.

Der neue Verein hat auch bereits eine Homepage im Internet mit der Anleitung: „So spenden Sie...

Als  Gruppenkaplan  und  Vorsitzender  des  Fördervereins  lege  ich  der   Führerrunde   samt dem gewählten Vorstand des neuen Vereins meine Stellungnahmezu der neuen Situation in einer Denkschrift dar und gebe damit Gelegenheit zu eventueller Korrektur, welche in Kleinigkeiten auch erfolgt.

Die Vereinsgründer merken nun, dass mit mir nicht zu spaßen ist, wenn es um den Bestand der Gruppe geht und werden nervös. Einer droht mir sogar, er werde mich gerichtlich belangen, wenn ich über ihn „etwas Falsches“ an die Öffentlichkeit brächte.

Bezeichnend für die Ansichten der neuen Vereinsmitglieder ist eine „herausgerutschte“ Bemerkung des Vaters des Vorsitzenden, der sonderbarerweise samt seiner Frau auch Mitglied des  Vereins  „KS - Amberg“ ist.   OstR.  Meyer   besprach   die   neue  Situation  mit Dr. Wilfurth, der unsere Rechtsgeschäfte honorarlos erledigt. In einem Telephonat mit besagtem Vater fragte Dr.Wilfurth: „Und was sagt der Merz dazu?“ – Die spontane Antwort:    „Der ist ja bloß der Gruppenkaplan“.

Für den 25.Januar 01 wird die jährliche Vollversammlung des Fördervereins einberufen, auf der ich die korrigierte Denkschrift verlese. Dem Vorsitzenden des neuen Trägervereins wird erklärt, dass er vom Förderverein keinerlei Zuschüsse zu erwarten hat und dass die eigenmächtig geschaffenen vollendeten Tatsachen rückgängig gemacht werden müssen. Das wird  widerwillig und zähflüssig getätigt und dauert fast ein ganzes Jahr. Dabei  werden die Bankkonten der Gruppe und die umfangreiche Homepage „KSJ-Amberg“ im Internet nicht etwa übergeben, sondern aufgelöst.

Und der Erfolg dieses Unternehmens: empfindliche Schädigung der ohnehin um ihre Existenz ringenden Gruppe, sowie allseitige Spaltung und Verdrossenheit.

 

============================================

 

Am 11.September 2001 ereignet sich das Selbstmordattentat moslemischer Terroristen auf das World-Trade-Center in Manhattan, das in Moslemstaaten bejubelt wird und in der übrigen Welt Entsetzen auslöst. Nachdem bislang die Atombombe einen neuen Weltkrieg verhindert hat, beginnt nun das Zeitalter der Terrorkriege, das die Fragwürdigkeit und Vergänglichkeit alles Irdischen dieser Spaßgesellschaft in Erinnerung ruft. Die Wirkung dieses Schocks ist -  ähnlich wie bei Aids und Rinderwahn - zwar eine momentane Besinnung, sogar auf Gott und Gebet, die aber schon in einigen Wochen verflogen ist.

 

                        ============================================

 

In diese  Zeit  fällt auch eine sehr  enttäuschende  Auseinandersetzung  mit  der Nachfolgerin  von Schwester Canisia in der Leitung des Dr. Johanna-Decker-Gymnasiums.

 

Während alle staatlichen Amberger Schulen – sowohl die Gymnasien als auch die Volksschulen - unsere Gruppe unterstützen und Werbematerial für die KSJ verteilen lassen, die Gymnasien sogar eine Religionsstunde für die Vorführung eines Tonbildes zur Verfügung stellen, sind wir nun schon seit 6 Jahren an der einzigen katholischen Ordensschule Ambergs verfemt.

 

Um die Angelegenheit zu bereinigen, spreche ich bei Oberstudiendirektorin Frau Gamel vor und mache ihr mein Buch samt den Briefwechsel mit ihrer ehemaligen Schülerin Maria Christina Gerhards zum Geschenk. Ich werde unterkühlt und kurz angebunden empfangen und bekomme den Bescheid, man müsse erst prüfen, ob man mir Jugendliche anvertrauen kann. Offensichtlich bemerkte Frau Oberstudiendirektorin gar nicht, wie anmaßend und verletzend dieser Bescheid auf einen Priester wirken musste, der nun schon über 70 Jahre Zeit und Kraft und Geld für die Betreuung der Jugend eingesetzt hat. Übrigens war die Bemerkung von Frau Gamel ganz im Sinn eines Briefes von Schwester Canisia, die mir am 26.10. 01  mitgeteilte: „Wer eine sorgfältig begleitete pädagogische Maßnahme zur Gewissensbildung nicht vom unverantwortlichen ‚Missbrauch der Jugend’... unterscheiden kann oder will, ist m.E. nicht in der Lage, junge Menschen zu einem verantwortungsbewussten Leben in dieser unserer schwierigen Zeit zu erziehen.“   

 

Soweit sind wir nun also schon gekommen: Wer sich mit dem Papst solidarisiert und noch katholische Grundsätze vertritt, gilt entweder als unfähig, in dieser Zeit mitzureden, oder wird als arrogant und  untolerant, als Fundamentalist oder gar als Sektierer verketzert. Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen dem Terrorfundamentalismus von Moslems und dem Fundamentalismus der Wahrheit und Liebe Christi. 

 

Und das geschieht auf allen Ebenen der Kirche: Über die Ökumenische Bewegung hinaus entsteht ein idiotischer Pluralismus, der neben dem Christentum in allen Religionen einen Weg zum Heil sieht. Auf Weisung des Papstes gibt die Glaubenskongregation am 6.August 2000 „Dominus Jesus“, eine Erklärung „Über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche“ heraus, die besonders in Deutschland auf  Widerspruch und Proteste – bei Katholiken noch mehr als bei Protestanten – stößt. Sogar Bischöfe nennen die Schrift einen unzeitgemäßen und ökumeneschädigenden Vorstoß Kardinal Ratzingers, sodass der Papst selbst eingreifen muss: „Mit der von mir in spezifischer Form gebilligten Erklärung ‚Dominus Jesus’... Das Dokument stellt die wesentlichen christlichen Elemente klar, die den Dialog nicht behindern, sondern seine Grundlagen zeigen. Denn ein Dialog ohne Fundamente wäre dazu bestimmt, in leeres Geschwätz zu degenerieren.“    

 

Auch die seinerzeitige „Königsteiner Erklärung“ der deutschen Bischöfe trägt üble Früchte:

Sie hat nur die halbe Wahrheit betont, dass nämlich das aktuelle Gewissen letzte  Entscheidungsnorm ist. Dass sich aber das habituelle Gewissen an der Lehre der Kirche orientieren und gegebenenfalls korrigieren muss, wird untergebuttert. Und so wird jeglicher Ungehorsam gegenüber Kirche und Geboten Gottes mit Berufung auf das  e i g e n e  Gewissen gerechtfertigt.      

 

Neben all diesen Problemen wird die Frage nach einem Nachfolger für mich als Gruppenkaplan immer drängender. Der neue Pfarrer von Lintach, der vor kurzem als Militärpfarrer ausgeschieden ist und gerne Religionsstunden an Gymnasien übernehmen würde, hat sich zur Übernahme der geistlichen Führung der Gruppe bereit erklärt, wird aber vom Ordinariat nicht freigegeben, sondern muss nach Jahresfrist eine größere Pfarrei übernehmen.

 

Dazu kommt, dass meine materielle Lebensbasis nun zusammengebrochen ist: Die Schwestern der Haushaltungsschule sind überaltert und beenden mit Ablauf dieses Schuljahres ihre Lehrtätigkeit. Das paradiesisch schöne  Gelände wird verkauft.

Daher habe ich nach dem Tod meines Freundes Alois Schindler (Weihnachten 01) seine Haushälterin Anni Leuchtenberger gebeten, meinen Haushalt zu übernehmen. Weil sie aber ihre schöne Wohnung  und ihre Beziehungen in Schnaittenbach nicht aufgeben wollte, sollte ich zu ihr ziehen und zur Betreuung der Gruppe täglich am Nachmittag nach Amberg fahren. Ich war sicher, dass dieser Plan die Billigung des Ortspfarrers finden würde, da es sich um eine vakante Priesterwohnung handelte und bei dem Priestermangel die Mithilfe eines Ruhestandspriesters nur erwünscht sein konnte.

 

Darin hatte ich mich verrechnet. Der Schnaittenbacher Pfarrer hatte große Schwierigkeiten mit seinem Vorgänger in Schwandorf  und war deshalb nach Schnaittenbach gewechselt. Er setzte nun alle Hebel in Bewegung, um mein Altersdomizil zu verhindern. Als ich ihm Ende Juni 02 mein Anliegen vortrug, sagte er, er wolle die Angelegenheit mit der Kirchenverwaltung und dem Pfarrgemeinderat besprechen und mir Bescheid geben; zelebrieren jedoch dürfte ich in seiner Pfarrkirche nicht, weil „kein Bedarf“ sei. Ich versicherte ihm, dass ich mich in keiner Weise in pfarrliche Angelegenheiten einmischen würde – ich bin ja nicht sein Vorgänger und in Schnaittenbach kaum bekannt – und breit wäre, zur Zelebration in eine Filialkirche auszuweichen. Er gestand mir noch zu, dass ich meine Angelegenheit dem Pfarrgemeinderat und der Kirchenverwaltung unterbreiten könne.

 

Das geschah einige Tage später in einer abendlichen Sitzung. Ich legte meinen Plan dar und beschloss meine Ausführung mit der Bemerkung, dass ich unter solchen Umständen  nicht nach Schnaittenbach kommen werde. Mich hätten sie also wunschgemäß los, nicht aber ein  zweifaches Ärgernis: Wenn schon unter Priestern soviel Misstrauen und Missgunst herrschen, wie sollte dann noch eine Predigt über Nächstenliebe fruchtbar sein? Und ferner: Nachdem der Pfarrer vor kurzem die Gottesdienste drastisch eingeschränkt hatte und in der neuen Filialkirche in Holzhammer fast kein Gottesdienst mehr stattfand – wie würden die Gläubigen reagieren, wenn sie erführen, dass der Pfarrer und seine Berater die Zelebration durch einen Priester verhinderten?

 

Die Zeitverhältnisse verschlimmern sich rapide. Der Egoismus und die Opferscheu der Spaßgesellschaft zeitigen ihre Früchte: Homosexuelle Paare sind nun durch Gesetz praktisch der Ehe gleichgestellt und dürfen sogar Kinder adoptieren. Viele Frauen haben sich emanzipiert  von „Kirche, Kinder und Küche“ und haben  sich in das Berufsleben eingegliedert, um Geld zu verdienen. Die Familien mit Kindern sind finanziell benachteiligt und Mütter, die sich noch der Erziehungen ihrer Kinder widmen, werden verketzert als „Heimchen am Herd“. Kinderreiche Familien  gelten als unzeitgemäß und dumm.

 

Die Deutschen sind ein sterbendes Volk geworden. Daher greift der Generationenvertrag nicht mehr und immer weniger Erwerbsfähige müssen immer mehr Rentner ernähren. Wegen der gestiegenen Arztkosten für die Alten steigen die Krankenkassenbeiträge ins Unerträgliche. Und da Schwangerschaft als Krankheit angesehen wird, bezahlen die Kassen Abtreibungen mit Millionenbeträgen. Um den Lebensstandart aufrecht zu erhalten, werden Gastarbeiter, meist moslemische Türken, eingeführt, deren Zahl in etwa jener der abgetriebenen Kinder entspricht. Zahlreiche Moscheen schießen aus dem Boden. Durch Zuwanderung und Geburten

wird Deutschland islamisiert. Ein Türke brachte das drastisch auf den Punkt: „In 50 Jahren ist die Martinskirche eine Moschee“.

 

Verwahrloste und verzogene Kinder sind ein Problem sowohl für die Schule, wie für die  Gruppe. Zahlreiche Lehrer gehen daher in Frühpension und die Pisastudie bescheinigt den Deutschen, dass die Kinder des ehemaligen Volkes der Dichter und Denker bezüglich ihrer schulischen Leistung weit abgesunken sind. Statt die Erziehungskraft der Familien zu stärken, sieht die sozialistische Regierung das Heil nun in einer Kasernierung der Schulkinder in Ganztagsschulen. Der Staat übernimmt die wertfreie Erziehung und beide Eltern sollen arbeiten. So will man gleichzeitig den Einfluss von Eltern und von konfessionellen Gruppen schmälern.

 

Besonders bedauernswert ist die Situation der Kirche. Ihr bescheinigen die Institute der Meinungsforschung, dass sie das schlechteste Image aller Bevölkerungsgruppen hat und in der Rangliste noch hinter Polizei und Gewerkschaften angesiedelt ist. Darüber braucht man sich auch nicht zu wundern, denn die Kirche ist in unserer Gesellschaft in gewisser Hinsicht vogelfrei. Während die Moslems die Lästerer ihrer Religion mit Hinrichtung bedrohen und die Juden bei jeder negativen Bemerkung über sie aufheulen, darf die Kirche in Presse und Fernsehen ungestraft verlästert und verleumdet werden. Das nennt man dann „Freie Meinungsäußerung“ und bei gotteslästerlichen Darstellungen „Freiheit der Kunst“. Alle diesbezüglichen Anzeigen werden von der Justiz abgewiesen.

 

 Schon 1963 wurde Hochhuths Stück „Der Stellvertreter“ uraufgeführt, in dem Papst Pius XII. beschuldigt wird, durch sein Schweigen  am Holocaust der Juden mitschuldig zu sein. Er nennt den Papst einen „eingefleischten Antisemiten“. In die gleiche Kerbe schlagen das Buch „Hitlers Pope“ und Gavras’ Film „Amen“. Den Vogel schießt Daniel  J. Goldhagen ab, der in seinem Buch „Die katholische Kirche und der Holocaust“ sogar fordert, dass im Neuen Testament  450 angeblich judenfeindliche Verse gestrichen werden müssten. Und Oberrabbiner Israel Meir Lau glaubt zu wissen: „Wenn Papst Pius XII. protestiert hätte, wären viele Juden gerettet worden.“

Eben nicht: Ich wundere und ärgere mich oft, wenn Leute, die von den seinerzeitigen Zuständen nicht die geringste Ahnung haben, weil sie damals noch in Abrahams Wurstkessel waren oder in die Windel gemacht haben, großspurige Urteile über die Verhältnisse im 3. Reich abgeben.

  • Tatsache ist, dass die katholische Kirche von Anfang an den Nationalsozialismus abgelehnt hat. Mehrere Bischöfe haben sogar dessen aktive Förderung mit der Kirchenstrafe der Exkommunikation belegt.
  • Tatsache ist, dass Hitler vor der Machtübernahme bei Wahlen in den katholischen Landesteilen die geringste Zustimmung erhielt.

Ab 1931 ließ Reichsführer der SS Heinrich Himmler die Stimmung der Bevölkerung testen. Daraus folgende Zitate: „Die katholische Kirche hat den Nationalsozialismus bis 1933... heftigst bekämpft“ – „Gegnerische Betätigung katholischer Geistlicher ist in derart zahlreichen Fällen in allen Teilen des Reiches nachgewiesen worden, dass eine Aufzählung von Einzelfällen unmöglich ist“ -  „... voran die Schwarzen geißelten die Gewaltanwendung gegenüber dem „auserwählten Volke“.

Bereits 1940 bekannte der Jude Albert Einstein: „Nur die katholische Kirche protestierte gegen den Angriff Hitlers auf die Freiheit...  heute empfinde ich große Bewunderung für die Kirche, die als Einzige den Mut hatte, für geistige Wahrheit und  sittliche Freiheit zu kämpfen.“

  • Tatsache ist, dass in der Nazipresse die kath. Kirche und ihre Priester genau so bekämpft wurden wie die Juden. Patres, welche Opfergelder in die Missionen schickten, wurden als „Devisenschieber“ verurteilt.
  • Tatsache ist, dass Tausende katholischer Priester in den KZs umgekommen sind.
  • Tatsache ist, dass damals selbst Juden die Bischöfe und den Papst baten, um Gottes Willen kein Öl ins Feuer zu gießen, weil das ihre Situation nur  verschlimmert hätte. Ja, gutgesinnte Juden baten sogar ihre christlichen Bekannten, sie nicht mehr zu grüßen, weil das beiden schaden würde.
  • Tatsache ist, dass durch Stellungnahmen der Bischöfe gegen die Judenverfolgung das Los der Juden nicht gemildert, sondern verschlimmert wurde. Die ehemalige Haushälterin Pius XII. berichtet in ihrem Buch „Ich durfte ihm dienen“, dass der Papst bereits ein Rundschreiben gegen die Judenverfolgung verfasst hatte, als er erfuhr, dass auf die Predigt eines niederländischen Bischofs gegen die Judenverfolgung hin auch die christlich gewordenen Juden, welch bislang verschont worden waren – unter ihnen  die inzwischen heilig gesprochene Edith Stein und ihre Schwester  - verhaftet und in die Vernichtungslager abtransportiert wurden. Darauf hin zerriss Pius XII. das Konzept.
  • Tatsache ist, dass auf päpstliche Anordnung hin viel mehr Juden gerettet wurden als durch irgendwelche  andere Institutionen, sei es mit Blanko-Taufscheinen, Fluchthilfe oder Unterbringung und Verpflegung in Klöstern trotz rationierter Lebensmittel.    Die deutsch-jüdische Professorin Ruth Lapide berichtet, ihr Mann Pinchas Lapide habe mittels Recherche festgestellt, dass die Zahl der durch die vatikanische Diplomatie von 1939 bis 1945 geretteten Juden gegen 800 000 beträgt. - Golda Meir, die erste Präsidentin des neuerrichteten Staates Israel bedankte sich bei Pius XII. für die Rettung so vieler Juden im 3.Reich. – Die Zeitschrift „Die Welt“ berichtet (18.1.02) über den jüdischen Oberrabbiner Zölli von Rom: „Er sah die 4447 Juden einzeln, die auf Weisung des Papstes in über 150 Klöstern und kirchlichen Häusern – trotz Androhung schwerster Strafen durch die SS – versteckt und ernährt wurden. In seinem Tagebuch notierte er: ’Kein Held der Geschichte hat ein tapfereres und stärker bekämpftes Heer angeführt als Pius XII. im Namen der christlichen Nächstenliebe. Bände könnten über seine vielfältige Hilfe geschrieben werden..’ Am 17.Januar 1945 trat Zölli in die katholische Kirche über und nahm den Taufnamen des Papstes, Eugenio, an.
  • Auch der Münchner Kardinal Faulhaber, der gleich zu Beginn des 3. Reiches die mutigen Adventspredigten über „Christentum und Judentum“ gehalten und 1937 die päpstliche Enzyklika „Mit brennender Sorge“ konzipiert hat, wurde im Nazireich als „schwarzer Bundgenosse des Weltjudentums“ denunziert und wird von den Kirchengegnern heute als Nazisympathisant hingestellt.

Tatsache ist, dass er zu den Verfolgten des Hitlerreiches gehörte. Ich erinnere mich noch lebhaft an den Refrain eines Hitlerjugendliedes:

                  Lore, Lore, Lore, Lore, bald ist’s vorbei mit der Faulhaberei;
                  Lore, Lore, Lore, Lore – hängt die Juden, stellt die Schwarzen an die Wand!“

Am 11. November 1938 brachte der „Völkische Beobachter“ einen „Aufruf an alle“:

„Das nationalsozialistische München demonstriert heute abend 20 Uhr in 20 Massenkundgebungen... gegen das Weltjudentum und seine  schwarzen und roten  Bundesgenossen“. Der Kardinal notierte in sein Tagebuch:
„Auf der ganzen Straße erhob sich ein ohrenbetäubendes Schreien und Johlen und Pfeifen, und kaum zwei Minuten später prallte...  unter lautem Geheul ein wahres Trommelfeuer von Steinwürfen gegen die acht Fenster im Erdgeschoss und gegen die neun Fenster im ersten Stock...“ Zum Glück hielt das Tor des Bischofshauses dem Versuch stand, es mit einem Balken aufzubrechen.

 

Das ist die von Zeitzeugen überlieferte Wahrheit. Alles andere ist erstunken  und erlogen. Aber den Kirchenhassern ist jedes Mittel, den Ruf der Kirche zu schädigen, willkommen nach dem altrömischen Grundsatz: „Audacter calumniare – semper aliquid haeret (Verleumde tapfer – immer bleibt etwas hängen)“; oder nach dem Ausspruch Hitlers: „Man muss den Leuten nur oft genug etwas vorreden, dann glauben sie es.“

 

Merkwürdig ist, dass gleichzeitig die Evangelischen geschont werden. Zwar gab es auch unter ihnen Bekenner und Märtyrer wie einen Pastor Niemöller oder Bonhöffer. Aber das Gros erwartete von Hitler, der im Gegensatz zu katholischer Universalität auf Volk und Rasse baute, eine Stärkung des Protestantismus. Das bekunden die Wahlergebnisse in den evangelischen Gebieten und die Bewegung der „Deutschen Christen“, welche das Christentum im Sinne des Nationalsozialismus verdeutschen wollten.

 

Für mich ist diese einseitige Verleumdung der katholischen Kirche ein Kennzeichen ihrer Verbindung mit Christus, der verheißen hat:   „Ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden“(Mk 13,13).

 

Zweifellos sind an dem schlechten Image der Kirche auch unserer Bischöfe mit schuld, welche die Protestantisierung der Theologie durch eine Reihe von Priesterausbildern an den Universitäten geduldet, zu dem sog. Kirchenvolksbegehren geschwiegen und sich hinsichtlich der Schwangerenberatung jahrelang den Weisungen des Papstes widersetzt haben. So kommt es, dass viele Priester und erst recht auch Laienkatecheten eine gegen den Papst und vor allem gegen den Präfekten der Glaubenskongregation Ratzinger gerichtete Einstellung verbreiten.

 

In dieser für die Kirche trostlosen Situation erinnere ich mich an die Situation der Kirche im Dritten Reich. Damals ist es uns gelungen, Kerngruppen heranzubilden, die nach dem Zusammenbruch der Hitlerherrschaft gleichsam die Saat für die Neuevangelisierung bildeten. So hoffe ich, dass es uns  auch diesmal gelingt, Basisgruppen zu formen, welche das Christentum über diese Durststrecke hinüberretten.

 

Es ist spät geworden und der Abend meines Lebens neigt sich seinem Ende zu. Wenn ich nun zurückblicke, so erfüllt mich tiefe Dankbarkeit gegen Gott. Mein Grundsatz: „Ich kümmere mich zunächst um das Seine und vertraue darauf, dass Er für das Meine sorgt“ hat sich bewährt. Rückschauend sehe ich jetzt die führende Hand der Göttlichen Vorsehung durch die fast neunzig Jahre meines Lebens  immer wieder führend und schützend eingreifen, häufig gerade dort, wo sie die menschlichen Pläne zum Besseren durchkreuzt. Das festigt meine Hoffnung, dass mein Leben zu einem guten Ende gelangen wird.